Lawless 03 by T. M. Frazier

Lawless 03 by T. M. Frazier

Autor:T. M. Frazier
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Lübbe AG
veröffentlicht: 2017-01-12T00:00:00+00:00


17

Thia

Das Gift einer braunen Witwe ist fast so stark wie das ihrer Cousine, der schwarzen Witwe. Aber im Gegensatz zu ihrer dunkleren Verwandten ist die erste Reaktion der braunen Witwe auf eine Bedrohung der Rückzug. Sie beißt selten zu, solange es keinen unmittelbaren Kontakt gibt. Angreifen ist ihre letzte Wahl.

Die letzte Rettung.

Fast wie bei mir.

Ich hatte mehr mit der Spinne gemeinsam, die meinen kleinen Bruder getötet hatte, als mit Bear.

Sheriff Donaldson war nie vor drei Uhr nachmittags in seinem Büro. Die Stadt Jessep hatte vielleicht viel Fläche, aber die Einwohnerzahl war gering, so gering, dass unser einziger Sheriff in Teilzeit arbeitete.

Jessep war einer der ältesten Orte in Florida, und alt bedeutete, dass viele Gesetze schon vor langer Zeit erlassen worden waren. Ein besonderer Reiz lag darin, dass sie nie überarbeitet worden waren, sodass alle möglichen veralteten Erlasse weiterhin Geltung besaßen.

Zum Beispiel war es Männern nach der Gesetzgebung von Jessep nicht erlaubt, Frauenkleidung zu tragen, aber es gab da noch einige weitere Kuriositäten. So fiel die Bestrafung für Männer, die schulterfreie Abendkleider aus Seide trugen, viel härter aus als für die, die mit knielangen Röcken erwischt wurden.

Nackt duschen war verboten. Oralsex, auch zwischen Eheleuten, war ebenfalls streng verboten.

Es war illegal, in Badekleidung in der Öffentlichkeit zu singen. Der Gesetzgeber hatte anscheinend etwas gegen das Singen, denn es war auch illegal, einer Ziege etwas vorzusingen.

Sogar dann, wenn die Ziege Geburtstag hatte.

Alleinstehenden Frauen war es verboten, sonntags Fallschirm zu springen.

Ich radelte auf einem Fahrrad, das ich in der Werkstatt gefunden hatte, in meinen rückständigen Heimatort zurück. Es war ein alter blauer Beach Cruiser mit einer zerfetzten orangefarbenen Flagge am Sattel. Ich fuhr den ganzen Weg zurück nach Jessep, ohne anzuhalten. Mein Bedürfnis, Abstand zwischen mich und Bear zu bringen, und mein Verlangen, mich dem zu stellen, was auf mich zukam, trieben mich an. Schneller und immer schneller radelte ich und wurde erst langsamer, als ich in die Straße mit dem Schild »Willkommen in Jessep, 64 Einwohner« abbog. Ich wollte sofort ins Büro des Sheriffs gehen, aber es war erst zwei Uhr. Ich hatte nicht vorgehabt, zum Haus zu gehen, aber ehe es mir richtig bewusst wurde, stand ich mit dem Fahrrad davor und starrte auf das gelbe Absperrband, das sich an einer Seite gelöst hatte und jetzt im Wind flatterte.

Langsam schob ich das Fahrrad den Weg entlang. Ich hatte nicht vorgehabt, abzusteigen oder die Veranda zu betreten oder mich in den alten Schaukelstuhl zu setzen und den Geruch verfaulender Zitrusfrüchte einzuatmen.

Aber ich tat es.

Die Regenfälle hatten das Blut meiner Mutter, das an der Hauswand klebte, von hellem Rot zu blassem Braun verwaschen. Wer nicht wusste, was sich hier zugetragen hatte, hätte es für einen Schlammfleck halten können.

Aber ich wusste, was hier passiert war.

Was ich nicht wusste, war, was als Nächstes passieren würde.

Ich sah sie.

Die Spinne.

Ich stand auf der klapprigen Veranda, einen alten Strohbesen mit abgebrochenem Stiel in der Hand. Ich beobachtete das Tier, das mit einigen seiner langen gestreiften Beine einen kleinen schwarzen Käfer umdrehte. Sie krabbelte oben auf der Verkleidung der Veranda



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